Meine Wunschgeburt – Selbstbestimmt gebären

Ich empfinde den Prozess der Geburt auch als Geburt der Eltern: Die Geburt ihrer Rollen als Mutter und Vater. Daher ist es für mich wichtig, dass Wünsche, Gefühle und Empfindungen der Eltern – besonders aber der Frau – in dieser für alle prägenden Ausnahmesituation nach Möglichkeit respektiert werden.
Inhaltsverzeichnis

Zunächst möchte ich klarstellen: Bisher bin ich keine Mutter, hoffe aber, einmal eine zu sein.

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es aber bereits Paare mit einem Kind. Bei einigen ist auch schon ein Geschwisterchen unterwegs. Während vieler unserer Treffen kommt das Gespräch daher irgendwann auf die Frage, wie das Baby denn zur Welt kommen solle.

Dabei fällt mir häufig auf, dass Geburtsentscheidungen welcher Art auch immer von mindestens einer Seite aus auf teils übergriffige Weise hinterfragt werden. Damit meine ich nicht, nach Gründen des Paares für diese oder jene Entscheidung zur Geburt zu fragen und diese zu akzeptieren, sondern die schwangere Frau in die Situation zu bringen, sich für die Geburtswünsche „rechtfertigen“ oder „verteidigen“ zu müssen, wenn zum Beispiel eine Hausgeburt (mit Hebamme) oder eine Geburtshausgeburt gewünscht sind. Auch der gewünschte Verzicht auf PDA oder Kaiserschnitt – sofern nicht medizinisch notwendig – stößt oft auf Unverständnis: Die Geburt müsse man heute doch nicht mehr ertragen und man solle ruhig das komplette Angebot der Schulmedizin nutzen.

Nicht nur ein Kind wird geboren.

Bisher war ich nicht auf der Schwangerenseite und musste mich nicht dafür verteidigen, wie mein Mann und ich unser Kind willkommen heißen möchten. Ich empfinde den Prozess der Geburt auch als Geburt der Eltern: die Geburt ihrer Rollen als Mutter und Vater. Daher ist es für mich wichtig, dass Wünsche, Gefühle und Empfindungen der Eltern – besonders aber der Frau – in dieser für alle prägenden Ausnahmesituation nach Möglichkeit respektiert werden.

Seit mehr als zehn Jahren nutze ich das Zykluswissen der Natürlichen Familienplanung. Für die meisten sind natürliche Vorgänge wie der weibliche Zyklus aber mit Tabus oder sogar Ekel belegt. Die Pille verhindert die „lästige Blutung“. Mit der modernen Medizin lassen sich „eklige“ Begleiterscheinungen der Geburt wie Wehen (Wellen), Blut, Schleim oder Schweiß vermeiden. Hinter vorgehaltener Hand spricht man davon, dass durch einen Kaiserschnitt „da unten“ danach alles wie vor der Schwangerschaft bleibt und nicht „unnötig“ gedehnt wird.

Gemeinsam geboren werden – was wünsche ich mir?

Für mich und die Geburt unserer Kinder hoffe ich, dass bereits die Schwangerschaft möglichst unkommentiert verläuft. Ich wünsche mir, dass der Geburtsplan, den ich für unser Kind habe, akzeptiert wird und ich meine Kraft für den Prozess des Gebärens und selbst Geborenwerdens nutzen kann und nicht, um meine Wünsche zu rechtfertigen.
Bei Komplikationen, die ein Abweichen von meinen Wünschen erfordern, hoffe ich, dass mir notwendige Eingriffe – sofern zeitlich möglich – erklärt werden. Ich bete darum, dass nicht einfach irgendetwas mit mir geschieht oder mir Dinge unter der Geburt zustoßen, die ich nicht einordnen kann und die mich in dieser sensiblen Phase ängstigen. Ich hoffe, dass ich nach Möglichkeit Zeit bekomme, mich zu arrangieren. Ich wünsche mir, dass Hebammen – und in einem Krankenhaus – Ärzt:innen meine unter ihren Händen wachsende Familie als individuelle Einheit wahrnehmen und es ihnen personell möglich ist, uns achtsam zu begleiten.

Die Entwicklung im Gesundheitssystem beobachte ich mit großer Sorge.

In meiner Umgebung schließen Geburtshäuser und Entbindungsstationen werden zusammengelegt – zu Lasten der werdenden Familien und des medizinischen Personals gleichermaßen.
Im Wochenbett erhoffe ich offene Ohren und die Möglichkeit, eine Hebamme zu finden, die meine Ansichten teilt und die uns darin unterstützt, als Familie zusammenzuwachsen. Auch hier wird die Situation leider eher schlechter als besser.
In jedem Fall werde ich unsere Wünsche und Bedürfnisse in einem Geburts- und Wochenbettplan festhalten, um für uns wichtige Punkte griffbereit und formuliert parat zu haben. In der Hoffnung, dass wir – mein Mann, unser Kind und ich – gut und für uns möglichst stimmig als Familie geboren werden.

Fremde Feder
Manche Kundinnen* von Kulmine und Leserinnen* des Magazins schreiben lieber anonym; sie alle finden sich unter dem Autorinnennamen* "Fremde Feder".
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12 Kommentare

Stefanie Mautes 20. November 2017 - 6:52

Hallo,
dasselbe gilt aber aber auch umgekehrt. Ich will mich auch nicht rechtfertigen müssen, wenn ich ein Kaiserschnitt hatte bzw. mir eine Pda wünsche. Immer diese ewige Diskussion: Kaiserschnittmütter gegen Frauen, die eine vaginale Entbindung hatten. Oder andersherum. Frauen, die ein Kaiserschnitt hatten werden oft als Mütter zweiter Klasse dargestellt und die mit Pda mussten ja keine Schmerzen bei der Geburt ertragen. Was aber alles vor dem KS /der Pda war bzw wie es dazu gekommen ist, wird oft nicht hinterfragt. Ich persönlich würde auch immer die normale Geburt dem KS( habe beides erlebt) vorziehen.

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Petra Sood 20. November 2017 - 7:04

Hallo Stefanie, liest du das hier in unseren Artikeln? Oder regst du dich generell darüber auf?
Hier geht es in erster Linie um Selbstbestimmung und Respekt, sowie um Geburten die so natürlich, wie für die Frau möglich! verlaufen können.
Wir hätten gerne noch einen Artikel von einer Frau, die keine andere Möglichkeit hatte als mit Kaiserschnitt zu entbinden und darüber berichten mag. Ich finde es sehr wichtig, früher oder später, dann dazu ein Ja finden zu können, auch wenn die Wunschgeburt ganz anders ausgesehen hätte. Im Internet habe ich Artikel gesehen, zu möglichst sanften Kaiserschnitt-Geburten. Das finde ich interessant und wichtig, für Mutter, Kind und die ganze Familie.

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Petra Sood 20. November 2017 - 8:11

Hallo Stefanie, liest du das hier in unseren Artikeln? Oder regst du dich generell darüber auf?
Hier geht es in erster Linie um Selbstbestimmung und Respekt, sowie um Geburten die so natürlich, wie für die Frau möglich! verlaufen können.
Wir hätten gerne noch einen Artikel von einer Frau, die keine andere Möglichkeit hatte als mit Kaiserschnitt zu entbinden und darüber berichten mag. Ich finde es sehr wichtig, früher oder später, dann dazu ein Ja finden zu können, auch wenn die Wunschgeburt ganz anders ausgesehen hätte. Im Internet habe ich Artikel gesehen, zu möglichst sanften Kaiserschnitt-Geburten. Das finde ich interessant und wichtig, für Mutter, Kind und die ganze Familie.

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Lara 20. November 2017 - 8:42

Liebe Stefanie,
natürlich gilt das auch umgekehrt. Jede Frau sollte die Geburt erleben dürfen, die sich für sie selbst am stimmigsten anfühlt. Es gibt viele Gründe, einen Kaiserschnitt zu wünschen, sei es vorher oder auch unter der Geburt an sich.
Diese Art der Geburt ist nicht besser oder schlechter als die Spontangeburt, natürlich nicht. “Besser” oder “schlechter” würde ich – wenn überhaupt – nur dahingehend empfinden, ob sich die einzelne Frau während ihrer Geburt “gut” oder “schlecht” betreut fühlt. Eine Spontangeburt kann natürlich genau so belastend oder traumatisierend sein wie ein Kaiserschnitt; ein Kaiserschnitt genau so schön und erfüllend wie eine Spontangeburt. Wichtig ist die Selbstbestimmung, egal, wofür und warum sich eine Frau oder auch ein Paar im Einzelnen entscheidet. Da sollte ein Wunschkaiserschnitt genauso respektiert werden wie eine gewünschte Spontangeburt zuhause.

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Petra Sood 20. November 2017 - 9:02

Wunschkaiserschnitt liest sich ein bisschen wie Geburtstagswunsch. Das Wort finde ich etwas schwierig insofern als dass freiwillige Kaiserschnittgeburten, nur! weil sie bequemer erscheinen, der Mutter oder den Ärzten, zunehmen. Diese Art von Wunsch beurteile ich allerdings kritisch. Wunsch klingt im Zusammenhang mit Kaiserschnittgeburten so leichtfertig oder?
Kaiserschnittgeburten die nötig sind, erlebe ich mit dem gleichen Respekt wie Spontangeburten.

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Petra Sood 20. November 2017 - 9:16

Wunschkaiserschnitt liest sich ein bisschen wie Geburtstagswunsch. Das Wort finde ich etwas schwierig insofern als dass freiwillige Kaiserschnittgeburten, nur! weil sie bequemer erscheinen, der Mutter oder den Ärzten, zunehmen. Diese Art von Wunsch beurteile ich allerdings kritisch. Wunsch klingt im Zusammenhang mit Kaiserschnittgeburten so leichtfertig oder?
Kaiserschnittgeburten die nötig sind, erlebe ich mit dem gleichen Respekt wie Spontangeburten.

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Lara 20. November 2017 - 13:52

@Petra: ich konnte dir leider nicht mehr antworten auf deine Antwort. Wunschkaiserschnitt kenne ich z.B. von Frauen, die starke Angststörungen haben oder bereits traumatisierende Geburtserlebnisse. Also abseits vom Wunsch nach einem bestimmten Datum. Das habe ich unter “medizinisch notwendig” gezählt, wenn Panik unter der Geburt bzw. ein vorher traumatisierendes Geburtserlebnis die spontane Geburt (zu) negativ belastet. Im Idealfall lassen sich solche geburtsbezogenen Ängste natürlich mit Zeit, Geduld und Gesprächen ablegen, aber je nach Ursache der Ängste und Versorgungslage ist das nicht immer möglich, sodass ich nachvollziehen kann, warum Frauen sich einen Kaiserschnitt wünschen.

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Petra Sood 20. November 2017 - 14:31

Lara ja, ich hatte dich schon richtig verstanden, wollte aber klarstellen, dass es verschiedene Gründe gibt sich einen Kaiserschnitt zu wünschen. Und dass mein Respekt tatsächlich dort endet, wo Frauen aus Gründen agieren wie: unser Jahresurlaub steht an, dann und dann habe ich Zeit für die Geburt und deshalb will ich dann einen Kaiserschnitt. Dasselbe gilt für Krankenhäuser die Frauen zum Kaiserschnitt animieren, weil der besser planbar ist.
Ich kann dazu später nochmal einen Artikel schreiben oder vielleicht kennt sich eine unserer Leserinnen mit dem Aspekt gut aus.

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Lara 20. November 2017 - 14:52

Da stimme ich dir zu. Und fände es spannend, dazu etwas zu lesen :-)

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Mela 20. November 2017 - 15:27

Wobei sich das mit der Planbarkeit und den beschränkten Zeitfenstern in Krankenhausplänen nicht allein auf Kaiserschnitte zu beschränken scheint. Da gehören wohl auch etliche andere Maßnahmen dazu, wie Einleitung der Geburt bis mangelndem Ausblutenlassen der Nabelschnur – also alles was die Geburt beschleunigen kann.

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Petra Sood 20. November 2017 - 17:01

Mela, diese Themen wünsche ich alle, am liebsten, von Frauen die selbst Erfahrung damit gemacht haben, beschrieben.
Gebärende, sowie Hebammen, Ärztinnen oder auch Frauen die als Begleitung bei Geburten anwesend waren, mögen sich gerne mit Artikeln oder auch nur ein paar Zeilen hier beteiligen. Ich glaube, dass selbst erlebtes, Frauen bestärken und noch wacher werden lassen kann.
Deine Recherchefähigkeiten zu Fakten, Theorien, Studien und Diskussionen kann hier sehr nützlich sein, denn wir wollen das gefundene nach und nach in einer Linkliste sammeln und im Eingangspost anfügen. Auch dazu freuen wir uns über Nachrichten von unseren Leserinnen.

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Stefanie Mautes 20. November 2017 - 19:18

Hallo,
rege mich generell darüber auf. Meine erste Geburt war leider ein Kaiserschnitt aufgrund schlechter Herzfrequenz beim Kind. Ich hätte lieber normal entbunden und hatte danach noch lange damit psychisch zu kämpfen. Meine zweite Geburt dieses Jahr war zwar auch nicht ganz interventionsfrei, aber Dank des engagierten Personals in der Klinik wurde mir eine vaginale Entbindung ermöglicht. Dafür bin ich auch echt dankbar. Ich habe schon mit vielen Frauen gesprochen, denen es ähnlich ergangen ist. Die wenigsten entscheiden sich freiwillig für einen KS. Als wenn das noch nicht genug wäre, wird man in den Medien als KS-Mutter oftals zweitklassig hingestellt. Ich denke, man sollte immer hinterfragen, warum es so gekommen ist.

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