Meine Vorbereitung auf die Geburt

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal Mutter werde. Das erschien mir so unwirklich, so unglaublich groß, so unpassend zu mir. Und noch viel mehr: Wie sollte ich mich jemals für so etwas entscheiden? Wie entscheidet man so etwas Großes, Unvergleichliches, Umwälzendes? So etwas Irreversibles? Wann wüsste man denn jemals sicher, dass man bereit dafür wäre, dass man das schaffen wird, dass es richtig ist?
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Tanja fiel Petra durch einen Kommentar bei einem anderen Gastbeitrag zur Geburt auf und fragte, ob sie Lust hätte, ebenfalls einen Artikel für den Blog zu schreiben. Sie hatte! :)

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal Mutter werde. Das erschien mir so unwirklich, so unglaublich groß, so unpassend zu mir. Und noch viel mehr: Wie sollte ich mich jemals für so etwas entscheiden? Wie entscheidet man so etwas Großes, Unvergleichliches, Umwälzendes? So etwas Irreversibles? Wann wüsste man denn jemals sicher, dass man bereit dafür wäre, dass man das schaffen wird, dass es richtig ist?
Niemals, ganz einfach. Das weiß man nie, es ist der ultimative Sprung ins kalte Wasser, das unumkehrbare Aus-der-Hand-geben der Kontrolle über das eigene Leben. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Mutter werde. Ich bin froh, dass es nun trotzdem passiert ist.

Mit dem Beginn der Schwangerschaft sah ich mich vor einem Berg an Fragen, Ängsten und Unsicherheiten. Was mir am meisten Angst bereitete, war die Geburt. Ob ich das kann? Ja, ich weiß, das haben die Frauen schon Jahrtausende lang geschafft. Aber nicht ich! Für mich wird es das erste Mal sein, und ich weiß doch nicht, ob ich stark genug sein werde, ob alles gutgehen wird, ob ich mit meinen Ängsten zurechtkomme. Und ich habe davon so viele.

Mein Leben hat mir schon so manche Steine in den Weg gelegt. Ich fühlte mich schon so oft nicht so stark wie andere. Andere hatten keine Depression und brauchten keine Hilfe, andere waren nicht so „anders“ und deswegen vielleicht doch gar nicht tauglich fürs Mutter-Sein, andere hatten einen ganz klaren Kinderwunsch. Ich musste so viele Umwege machen, um mein Leben in die Hand zu nehmen, und jetzt stehe ich hier und es geht nicht mehr zurück: Wir werden Eltern!

Wissen sammeln als Vorbereitung

Ich wusste, ich würde mich vorbereiten müssen. Das bedeutet für mich, so viel Wissen wie möglich anzuhäufen. Ich bin einer dieser „Kopfmenschen“, die nur vertrauen können, wenn sie begreifen. Begreifen, was passiert, und was davon sich meiner Macht und Einflussnahme entziehen wird. Für ein Medizinstudium oder besser eine Hebammenausbildung blieb nun wirklich keine Zeit mehr! Aber mit allem, was ich las, wurde mir klarer:

Das mit der Geburt hat die Natur über Jahrtausende herausgeschält und verfeinert, alles aufeinander abgestimmt und dann sich selbst überlassen, weil es perfekt ist. Und komplex – auch wer alles studiert, was wir über die Geburt wissen, muss neidlos anerkennen, dass wir nur Zaungäste sind bei diesem Spektakel, und dass wir die biologischen Prozesse und die symbolischen Abläufe nur grob verstehen. Je mehr ich las, desto mehr war ich bestärkt in diesem Vertrauen, dass das auch dieses Mal wieder funktionieren würde, auch bei mir. Dass mein Körper, zusammen mit unserem kleinen Kind, diesen Kraftakt würde meistern können, wissen wird, was zu tun ist. Ich müsste mich nur fallen lassen.

Nur! Als ob nicht gerade das Fallenlassen das Schwerste überhaupt ist. Aber mir hat geholfen, eben gerade darüber zu sprechen. Mit meinem Mann, mit meiner Hebamme. Immer und immer wieder, über den gesamten Prozess, den ich da durchlief, bei jedem neuen Schritt in der Schwangerschaft. Immer und immer wieder, bis die Angst einfach da sein durfte, Teil sein durfte, weil sie natürlich völlig zu Recht da ist! Es wäre doch überhaupt nicht gesund, vor so etwas keine Angst zu haben!

Ein kleiner Einschub

Wir als Gesellschaft erwarten dennoch, dass man diesen Prozess im Vorbeigehen erledigt, während man weiterhin – weil ja nicht arbeitsunfähig erkrankt – seinen vollen Einsatz der Arbeit zukommen lässt, als wäre nichts geschehen, als wäre nichts im Werden. Dass man sich dieser Herausforderung stellt nach einem netten Geburtsvorbereitungskurs, in dem man den Raum mit einem guten Dutzend fremder Menschen teilt, die jeweils völlig anders sind als man selbst, ihre ganz eigenen Geschichten und Voraussetzungen haben, andere Vorstellungen, andere Kenntnisse. Den Luxus einer Hebamme zur Begleitung der Schwangerschaft würden sich sicherlich ein paar mehr Menschen gönnen – wenn sie davon wüssten und wenn sie überhaupt eine Hebamme finden könnten. Es gäbe mehr zu sagen, aber ich möchte zurückkommen zu unserer Geburtsvorbereitung.

Vertrauen und Verstehen

Verstehen und Vertrauen in die Natur war die eine Seite der Vorbereitung, Verstehen und Vertrauen meines Körpers die andere. Mit autogenem Training und Yoga hatte ich hierfür schon gute Grundlagen geschaffen, und auch mit dem Umstieg auf Stoffbinden von Kulmine vor einiger Zeit. Denn die Auseinandersetzung mit meiner Periode und das Verlieren der merkwürdigen Angst und Scham vor meinem Blut war etwas, das mich jetzt auch begleiten sollte: Was hier passieren würde, ist nicht mehr oder nicht weniger als ein Naturereignis, in jedem Sinne des Wortes. All die Berührungsängste sind unnötig, weil alles natürlich ist – und weil ich es selbst bin!
Auch der Schmerz ist etwas, das nicht von außen über mich kommt, sondern von mir selbst, aus meinem Körper! Und zwar mit der Intention, mir etwas zu sagen: Mach langsam, finde deine Ruhe, lass dir Zeit, es ist noch nicht so weit. Tatsächlich hat es sich für mich unter der Geburt so angefühlt, dass ich die Wehen heranrollen spüren konnte und auf das, was sie in der Muskulatur der Gebärmutter und am Muttermund bewirken würden, vorbereitet war, es annehmen konnte – und es deswegen nicht als schmerzhaft empfunden habe. Und so habe ich mich, als ich Anfang August um 3 Uhr in der Nacht erwachte und das erste Mal eine Wehe empfand, unheimlich gefreut!

Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass die Geburt für mich so ein gutes, ermächtigendes und selbst-bewusstes Erlebnis werden würde. Mein Mann hat mich gesehen, gestützt, gehalten und gestärkt, und meine Tochter hat so ihren Weg auf diese Welt gefunden. Das war unser erster bewusster Moment als Familie, und nachdem wir das geschafft haben, nur mit etwas Schützenhilfe und Erfahrung einer Hebamme, werden wir gemeinsam alles schaffen, was noch kommt.

Nachtrag

Nachdem die Verwendung von Stoffbinden für mich und mein Körperempfinden einen so positiven Unterschied gebracht haben, möchte ich das meiner Tochter – schon jetzt – nicht vorenthalten. Die Wochenbettbinden von Kulmine nutzen wir als “prefolds” zum Wickeln mit Stoffwindeln!

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